1958 wurde die Versehrtensportabteilung des Turnerbund Cannstatt gegründet. Ein gutes Jahr später kam Edgar Knecht als erster Blinder dazu. Zunächst musste er, solange die Sportkameraden vor allem Sitzball spielten, meistens für sich allein Übungen an der Sprossenwand machen. Dies war für ihn recht langweilig und frustrierend, jedoch hielt ihn die tolle Kameradschaft der Gruppe beim Verein.
Als 1960 weitere Blinde und Sehbehinderte zur Versehrtensportabteilung kamen, führte der damalige Abteilungsvorsitzende Wolfgang Rochhausen für sie eine eigene Trainingsstunde ein.
Am 10. November 1960 war es soweit: der erste Trainingsabend der Blindensportler in der Turnhalle der Sommerrainschule stand an. Zunächst waren Geräteturnen, Leichtathletik, Zirkeltraining und Rollball die sportlichen Schwerpunkte, bis Mitte der 70er Jahre der Torballsport aufkam und sich letztendlich durchsetzte.
Seit nunmehr sechzig Jahren ist der Übungsabend der Blindensportgruppe immer donnerstags von 17:15 Uhr bis 18:45 Uhr in der Sommerrainhalle in Bad Cannstatt. Erster Übungsleiter war viele Jahre lang Wolfgang Rochhausen. Lothar Seidel löste Anfang der 80er Manfred Beißwenger als Trainer der Blindensportgruppe ab. In Lothars Ära fielen die ersten großen nationalen Erfolge. 1989 übernahm Alexander Knecht das Torballtraining und bildet seit 2017 mit Theresa Stahl zusammen das Trainerteam der Stuttgarter Torballer.
Die Blindensportgruppe läutete 1962 mit der Teilnahme an einem Sportfest in Kopenhagen den internationalen Sportaustausch der Versehrtensportabteilung des Turnerbundes Cannstatt ein. Seither waren die Blindensportler bei vielen Turnieren in Deutschland und Europa unterwegs. Diese Torballturniere sind wichtiger Bestandteil unserer sportlichen Aktivitäten. Dabei wurden und werden, neben den sportlichen Wettkämpfen, freundschaftliche Kontakte gepflegt, vertieft und neue geknüpft.
Jährlicher Höhepunkt aber war stets im September unser eigenes internationales Torballturnier im Rahmen des großen Stuttgarter Behindertensportfestes der Versehrtensportabteilung des Turnerbund Cannstatt.
Bei unseren Turnieren hatten wir über all die Jahre Mannschaften aus Österreich, Italien, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlande, Großbritannien, Dänemark, Polen, Slowenien, der Schweiz und Deutschland zu Gast.
Die Versehrtensportabteilung machte sich 1971 als Stuttgarter Versehrtensportverein eigenständig und wurde 1976 in Behindertensportverein Stuttgart umbenannt.
Nachdem ab der Jahrtausendwende eine Sportabteilung nach der anderen den BSV Stuttgart verlies und sich anderen Vereinen anschloss, folgte die Blindensportgruppe 2009 der Tischtennisabteilung und fand, ebenso wie diese bereits einige Jahre zuvor, beim SV Hoffeld eine neue Heimat. Trotz des Wechsels blieb die Sporthalle der Sommerrainschule unsere Trainingsheimat. Sie ist, was die räumlichen Gegebenheiten, sowie den Anschluss an den Öffentlichen Nahverkehr angeht, ideal für unsere blinden und sehbehinderten Sportlerinnen und Sportler aus ganz Württemberg.
Nach einem enormen Aufwärtstrend in den letzten Jahren hat die Blindensportgruppe zur Zeit rund 20 aktive Mitglieder. Jährlich richtet sie in Stuttgart mehrere Turniere, wie zum Beispiel den inklusiven Württemberg Cup und die offene internationale Baden-Württembergische Torballmeisterschaft, aus. Ebenso für den Deutschlandpokal der Torballdamen und Spieltage der Torballbundesligen stehen die Stuttgarter immer wieder als Ausrichter zur Verfügung.
Auch sportliche Erfolge gab es über all die Jahre reichlich:
Der größte Erfolg einer BSV Stuttgart Torball-Herrenmannschaft, neben mehreren Siegen an Freundschaftsturnieren und Württembergischen Meisterschaften, war der dritte Platz an der Deutschen Meisterschaft 1989 in Berlin. Zudem waren die Torballer des SV Hoffeld 2015 Gründungsmitglied der ersten Torballbundesliga und schafften, nach zwei Abstiegen in Folge, 2018 den Wiederaufstieg in die zweite Torballbundesliga. Dort wurden sie im Februar 2020 Meister und sind in die erste Torballbundesliga aufgestiegen.
Gerhard Hampp, welcher nach der Vereinsauflösung des Kriegsblindensportverein Stuttgart zu uns kam, wurde mit dem KSV Stuttgart mehrfach Deutscher Meister.
Noch erfolgreicher waren unsere Damen.
Zu Zeiten des BSV Stuttgart wurden sie gleich an der ersten Deutschen Meisterschaft Torball der Frauen 1982 Vizemeister und holten 1984, 1998, 2000 und 2006 den Deutscher Meister Titel. Zudem belegten sie an Deutschen Meisterschaften häufig den zweiten oder dritten Platz. Beim Torballweltcup (Cup der Landesmeister) erreichten sie 1998 den dritten Platz und wurden im Jahr 2000 Zweiter.
Margarete Rieker holte 2007 und 2008 den Deutschen Meister Titel mit der SG BSV München/BSV Stuttgart.
Nach dem Wechsel zum SV Hoffeld wurden Anna Heinrich und Margarete Rieker mit der Spielgemeinschaft Hoffeld/Karlsruhe/München 2015 und 2016 Deutscher Meister. Zudem gewann Margarete Rieker 2015 mit der SG Hoffeld/Karlsruhe/München den Torball Weltcup in Polen.
Karina Schaude, Margarete Rieker und Theresa Stahl wurden 2018 Deutscher Meister mit der SG Hoffeld/Karlsruhe.
Auch mit den Deutschen Nationalmannschaften waren unsere Stuttgarter Sportlerinnen erfolgreich. Herausragend ist sicher die Goldmedaille im Goalball bei den Paralympics 1996 in Atlanta für Conny Dietz. Zudem wurde Conny 1985 und 2005 Europameisterin im Goalball, 1989 Europacupsiegerin im Torball, 1991 und 1999 Torball-Europameisterin. 2001 wurden Conny Dietz und Margarete Rieker Weltmeisterinnen im Torball, diesen Titel verteidigte Conny 2004. Weitere zweite und dritte Plätze bei Welt- und Europameisterschaften im Torball und Goalball vervollständigen diese Erfolgsserie.
Inzwischen hat sich die Blindensportabteilung zu einer Sportgruppe entwickelt, in welcher Integration und Inklusion hoch im Kurs stehen. Torball wird bei uns auch von sehenden Spielerinnen und Spielern betrieben. Jährlich richten wir den inklusiven Württemberg Cup aus, an welchem u. a. Mannschaften teilnehmen, die nur aus Sehenden bestehen.
Außerdem lernten und lernen sehbehinderte Flüchtlinge die Sportgemeinschaft bei den Torballern des SV Hoffeld als etwas sehr Positives kennen. Sie können endlich eine ihrem Handicap entsprechende Sportart betreiben und sammeln zugleich wertvolle Erfahrungen für ihren weiteren Lebensweg.